Wir trauern um o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Karl Korinek

09.03.2017

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien trauert um ihren Emeritus.

o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Karl Korinek
(7. Dezember 1940 – 9. März 2017)

Wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Präsident des Verfassungsgerichtshofs i.R.
Präsident des Österreichischen Normungsinstituts i.R.

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Paul Oberhammer
(Dekan)

 

In memoriam
Univ.-Prof. i.R. Dr. Dr. h.c. mult. Karl Korinek 1940-2017

Der Emeritus des Instituts für Staats- und Verwaltungsrecht und frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes Karl Korinek ist am Donnerstag, dem 9. März 2017, im 77. Lebensjahr nach langer schwerer Krankheit seinem Herzleiden erlegen. Die Fakultät trauert um einen großen österreichischen Staatsrechtslehrer, der ihr von 1995 bis zu seinem Ruhestand als Professor angehörte.

Karl Korinek war Absolvent unserer Fakultät. Er hat im Jahr 1963 zum Doktor juris promoviert. Daraufhin folgte zunächst der Gang in die Praxis. Korinek begann seine Berufslaufbahn als Referent in der wissenschaftlichen Abteilung der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft, zum damaligen Zeitpunkt unter ihrem Leiter, dem langjährigen Ordinarius für Arbeits- und Sozialrecht, Prof. Theodor Tomandl, eine weithin anerkannte Kaderschmiede für den juristischen Nachwuchs. Die Beschäftigung mit praktischen Fragen insbesondere des Öffentlichen Wirtschaftsrechts hat die wissenschaftliche Entwicklung von Karl Korinek entscheidend geprägt. Es folgte 1970 die Habilitation an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg mit einer Monografie zur „Wirtschaftlichen Selbstverwaltung“, die heute noch als einschlägiges Standardwerk gilt.

1973 erfolgte der Wechsel in die Wissenschaft: Karl Korinek nahm einen Ruf auf ein Ordinariat an der Universität Graz an. Dort traf er mit Josef Aicher und Heinz Krejci auf zwei Kollegen, die ihn in seinem wissenschaftlichen Leben in vielfacher Weise begleitet haben und mit denen er zum Abschluss seiner wissenschaftlichen Laufbahn am Juridicum wieder in einer Fakultät zusammentreffen sollte. Dazwischen liegt von 1976 bis 1995 die wissenschaftliche Schaffensperiode Korineks als ordentlicher Universitätsprofessor am (damaligen) Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Wirtschaftsuniversität Wien. Gemeinsam mit Heinz Peter Rill etabliert Karl Korinek sein Institut an der WU zu einem Zentrum wissenschaftlicher Beschäftigung mit dem öffentlichen Wirtschaftsrecht. Seine Arbeiten zur Wirtschaftsverfassung, zum Enteignungsrecht, zur Selbstverwaltung, zum Recht der Privatwirtschaftsverwaltung oder zum Raumordnungsrecht prägen die Dogmatik des Öffentlichen Wirtschaftsrechts bis heute. Gemeinsam mit Josef Aicher wird Karl Korinek zum Wegbereiter für das erste Bundesvergabegesetz in Österreich. Noch in Graz gründet Karl Korinek gemeinsam mit Josef Aicher, Heinz Krejci sowie Bernd Christian Funk und HansGeorg Ruppe 1975 mit der Studiengesellschaft für Recht und Wirtschaft die erste wissenschaftliche Gesellschaft in Österreich, die sich rechtsdisziplinenübergreifend mit dem Wirtschaftsrecht beschäftigt. Die Grazer Tagungen dieser Gesellschaft regelmäßig in der ersten Woche nach Ostern sind legendär und haben vielen jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als Sprungbrett für ihre wissenschaftlichen Karrieren gedient.

Karl Korinek wirkt aber nicht nur in Österreich, sondern wie kaum ein zweiter Öffentlich-Rechtler seiner Generation auch im Ausland, insbesondere in Deutschland. Eine Vielzahl von Vorträgen und Publikationen an den angesehensten deutschen und Schweizer Universitäten findet ihre Anerkennung schließlich darin, dass Karl Korinek in den Jahren 1994 und 1995 in den Vorstand der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer berufen wird, eine Auszeichnung, die vor ihm nur Hans Kelsen und Günther Winkler zuteil wurde.

Neben dem Wirtschaftsrecht prägt die Beschäftigung mit den Grundrechten das wissenschaftliche Oeuvre von Karl Korinek. Beginnend im Jahre 1970 mit einem Beitrag in der Festschrift für Adolf Julius Merkl, den Karl Korinek immer als einen seiner akademischen Lehrer gesehen hat, prägen seine Arbeiten insbesondere das Verständnis der grundrechtlichen Gesetzesvorbehalte bis heute. 1995 wurde Karl Korinek dann auch auf die Nachfolge Felix Ermacoras als Leiter der Abteilung für Grund- und Menschenrechte des Institus für Staats- und Verwaltungsrecht berufen.

Dazu kommt, dass Karl Korinek bereits 1978, also mit gerade einmal 38 Jahren, mit seiner Ernennung zum Mitglied des Verfassungsgerichtshofs die Chance bekommt, seine wissenschaftlichen Forschungen auch in der Rechtsprechung dieses Gerichtshofs anzuwenden und umzusetzen. Es ist heute allgemein anerkannt, dass insbesondere auch seine langjährige Tätigkeit als ständiger Referent des Verfassungsgerichtshofs dessen Rechtsprechung nachhaltig geprägt hat. Die Judikatur zu einem materiellen Verständnis der Grundrechte und die Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Umsetzung des EU-Beitritts Österreichs sind herausragende Beispiel für die Spuren, die das Wirken von Karl Korinek in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung hinterlassen hat. Von 1999 bis 2002 war Karl Korinek sodann Vizepräsident, von 2003 bis 2008 schließlich Präsident des Gerichtshofs, der als glaubwürdiges Vorbild rechtsstaatlicher Unabhängigkeit nicht nur den Verfassungsgerichtshof nach außen repräsentierte, sondern dort, wo es angezeigt war, auch seine Stimme öffentlich zu verfassungsrechtlichen Fragen erhoben hat.

Karl Korinek verkörperte wie kaum ein Zweiter ein ganzheitlich humanistisches Bildungsideal. Fest verankert im katholischen Glauben war er aufgeschlossen für die Diskussion, Toleranz insbesondere auch gegenüber Andersdenkenden war ihm bei gleichzeitiger Festigkeit in seinen Ansichten ein wichtiges Gebot für ein geordnetes Miteinander. Seine umfassende Persönlichkeit reichte freilich weit über die fachlich-berufliche Sphäre hinaus. Seine Leidenschaft gehörte der Musik, insbesondere seiner geliebten Oper. Kaum eine seiner vielen wissenschaftlichen Funktionen hat ihm so viel Spaß gemacht und so viel bedeutet wie seine Funktionen als Aufsichtsrat der Wiener Staatsoper und Präsident des Vereins der Freunde der Wiener Staatsoper. Dass er im letzten Lebensabschnitt vor allem auch in der Musikliteratur hervorgetreten ist, war für ihn das Erreichen eines lang gehegten Wunsches und Zieles.

Karl Korinek war Richter, Wissenschaftler und Staatsmann – all dies mit voller Kraft und ganzem Herzen. Er war vor allem aber auch ein kulturbegeisterter und humorvoller Mensch, der fachlich wie menschlich mehrere Juristengenerationen geprägt hat. Die rechtswissenschaftliche Fakultät hat eine ihrer profiliertesten Persönlichkeiten verloren.