Ein karger und sakraler Schmuck - Die Steinskulptur von Karl Prantl begreifen

Der lange Stein aus Kärntner kristallinem Marmor als Rückgrat und Ornament des Juridicums © Miloš Vec

„Was ist das?“, fragt das Kind. Der Vater hat gerade eben seinen Sohn auf den langen Stein gehoben. Es ist ein spätsommerlicher Tag vor dem Juridicum. Die Sonne fällt zwischen den Bäumen und den Gebäuden auf das Pflaster der Helferstorferstraße, wo die Steinskulptur von Karl Prantl liegt. Von der Glasfassade des Juridicum-Erdgeschosses reflektiert helles Licht seitlich auf den Marmor.

Der lange Stein beginnt an einer Seite unregelmäßig aufzusteigen. Das lädt dazu ein, die Skulptur mit den Blicken zu erklimmen, vielleicht auch tatsächlich hochzugehen? Das drei Jahre alte Kind hat die Einladung angenommen. Als es oben steht, ist es mit dem Vater auf Augenhöhe. Er sieht auf der Oberfläche drei Reihen regelmäßiger Halbkugeln. Vielleicht erinnern ihn die Höcker an die gepanzerte Haut eines Schuppentiers oder an die Wirbelknochen eines Rückgrats? Was wird der Vater dem Kind auf seine Frage nach dem Stein antworten? – „Ich weiß es nicht“, sagt der Vater.

Verstecken am „gespaltenen Juristenhaupt“ (1983) von Herbert Albrecht © Miloš Vec

Von den beiden Kunstwerken vor dem Juridicum hat die Steinskulptur von Karl Prantl das bessere Los gezogen. Sie liegt auf der helleren Seite des Gebäudes. Die Bronze von Herbert Albrecht hingegen ist dunkel und steht an der Nordseite hin zum Gymnasium Schottenbastei. Der Kopf ist überlebensgroß und wirkt einschüchternd. Er lädt nicht ohne weiteres dazu ein, sich in seiner Nähe aufzuhalten. „Das gespaltene Juristenhaupt“ erzeugt Anstoß, vermutlich willentlich. Es trennt Menschen eher voneinander als das es sie verbindet. Die jüngeren Schüler vom Gymnasium nutzen die Größe kreativ: Wenn sie Fangen spielen, verstecken sie sich hinter der großen Bronze. Ob die Jus-Studierenden einen Zugang dazu finden?

Die Passanten hingegen, die an Karl Prantls „Stein für die Juristische Fakultät“ entlanggehen, finden die Skulptur auf eine unausgesprochene Weise selbstverständlich. Sie ist mit dem Straßenraum verschmolzen. Manchmal stehen dort Menschen aus dem Juridicum oder den umliegenden Büros und essen Mitgebrachtes, das sie auf der Oberfläche ablegen.

Nach bestandenen FÜMs gruppieren sich um die Steinoberfläche Studierende und stoßen miteinander an. Im Winter sieht man dort Institusgruppen mit Glühwein oder Punsch, sogar wenn Schnee liegt. Schon manche Abschlussfeier für das Doktorat am Juridicum hat den langen Stein benutzt, um Getränke abzustellen und sich beim Zuprosten um ihn gruppiert. Ein Skater kommt vorbei, taxiert die Oberfläche und überlegt, ob man hier einen Videodreh von einem Übersprung machen könnte und fragt: „Ist das hier ein altes Stück Stadtmauer?“ Gibt es eine richtige Assoziation zur Skulptur?

Zwei Stelen aus schwarz-schwedischem Granit, die an Gesetzestafeln erinnern: Der erste Entwurf von Karl Prantl für das Juridicum © Lukas Dostal

Karl Prantl war von der Baukommission des Juridicums, die aus Günther Winkler und Ernst Hiesmayr bestand, 1982 für „Kunst am Bau“ beauftragt worden. Prantls erster Entwurf fand nicht die Zustimmung des Juristen Winkler. Prantl hatte sich zwei schwarz-schwedische Granitstelen vorgestellt. Winkler erinnerten diese an Gesetzestafeln. Prantl selbst hatte aber an eher Wiener Durchgänge, Bögen, Fenster und Türen in dieser Form gedacht, wie es sie überall in der Nachbarschaft gab. Dazu gab es sogar ein kleines Denkmodell (Werkkatalog 295), wie seine Tochter, die Malerin Katharina Prantl, die damals als Jugendliche dabei war, im Dezember 2024 erzählt.

Winkler interpretierte den Entwurf anders. Er hatte eine andere Vorstellung vom modernen Recht und fand die Stelen zu streng für die Studierenden. Er erklärte Prantl, dass zwei archaische anmutende Gesetzestafeln keine gute Verkörperung wären: „Wir haben kein mosaisches Recht mehr“.

Die Idee mit den Gesetzesstelen ließ Prantl trotzdem nicht los. Einige Jahre später, 1988, gestaltete er für den Wettbewerb „Jüdische Gedenkstätte Börneplatz“ in Frankfurt erneut zwei schwarze Steinstelen aus Granit. Sie heißen „Zur Meditation (Gesetzestafeln)“. Heute befinden sie sich im Besitz von Katharina Prantl.

Der Bildhauer Karl Prantl (1923-2010) war ein Autodidakt. Er wuchs im Burgenland auf, suchte Vorbilder, experimentierte mit Materialien und Formensprachen und wurde ein bedeutender Künstler mit Ausstrahlung weit über die Landesgrenzen hinaus.

Der Bildhauer Karl Prantl am Stein, hier ein Granit aus dem Fichtelgebirge, Aufnahme vom März 1997 © Lukas Dostal

Die tschechische Kunsthistorikerin und Kunstkritikerin Ludmila Vachtová schreibt 1976 über Prantl: „Der Einzelgänger und Aussenseiter aus Österreich mit seinen beinahe archaischen Arbeitsmitteln (wer haut heute schon Stein?), mit seiner uralten, von schmetterlingshaften Schwankungen im Kunstgeschmack unabhängigen Formsprache hat alle ästhetischen Eintragsrevolten überlebt und gehört heute zu den interessantesten und konsequentesten Persönlichkeiten der europäischen Plastik.“

Prantl hat seinen eigenen Stil entwickelt, und die Formelemente der Skulptur am Juridicum lassen sich über sein übriges Werk entschlüsseln. Die Arbeit gerade mit Stein wurde in einem ersten bedeutenden wissenschaftlichen Katalog von 1981 thematisiert. Wolf Wezel interpretierte Prantl Absicht als mögliches „Zeichen zu setzen gegen die ‘Wegwerfgesellschaft‘, gegen die ‚Plünderung der Erde‘ – letztlich also eine ‚Hommage des Steines‘: ‚Der Stein, das Rückgrat der Erde‘“. Und erinnert nicht auch die Skulptur am Juridicum an ein Rückgrat?

Prantls Steine waren am Anfang zumeist stehend, erst später liegend wie der Block am Juridicum. Sie besitzen oft einfach bearbeitete Oberflächen. Auf ihnen zeigen sich regelmäßige Mulden, wellenförmige Verläufe, zarte Einschnitte, Vertiefungen oder Erhebungen. Sie bilden Ketten. Das sehr Einfache, Elementare des Steins trifft zusammen mit einer Verzierung. Der deutsche Ordensgeistliche, Theologe, Kunsthistoriker und Missionar Urban Rapp schrieb einmal, es sei bei Prantl so, als habe der Stein „sich mit sich selbst geschmückt“.

Karl Prantl mit Granit aus dem Fichtelgebirge (1991-1992), Aufnahme vom März 1997 © Lukas Dostal

Nach der Bedeutung der Skulptur von Prantl gefragt, meinte Günther Winkler in seinem letzten Interview im Oktober 2024, er wisse nicht, was Prantl selbst sich vorgestellt habe, dem Architekten Hiesmayr und ihm habe es gefallen, es sei so „ein karger Schmuck für die Fassade“ gewesen.

Nachdem Prantls erster Entwurf mit den zwei Stelen nicht auf Anklang gestoßen war, fand er bei einem Besuch im Steinbruch die Möglichkeit, vollkommen umzuschwenken: einerseits gestalterisch, andererseits von schwarz auf weiß. Im Kärntner Krastal entdeckte er, so erinnert es Katharina Prantl, einen „gesunden Block“ (einen Stein ohne Rissadern) in großer Dimension, den der Werkmeister aus dem Steinbruch herausgeholt hatte. Der Kärntner kristalline Marmor ist härter als jener aus Carrara. Zudem war der Stein heller als der schwarz-schwedische Granit der Gesetzestafeln. Neben dem künftigen Juridicum-Stein lag im Kärntner Steinbruch noch ein ähnlich dimensionierter Zwilling, den Prantl auch bearbeitete und der heute in seinem Skulpturenfeld im Burgenland liegt (die Holzkonstruktion des Ateliers ist übrigens die letzte Arbeit des Juridicum-Architekten Ernst Hiesmayr). Der Werkkatalog von Prantl listet den Juridicum-Stein unter Ziffer WK 309 als „weiß“ auf, auch wenn er zwischenzeitlich deutlich nachgedunkelt ist. Katharina Prantl meint, es könnte ein schönes Happening sein, die hellbeige Skulptur gemeinsam zu reinigen.

Ring zur Meditation (1995-1996) aus tauerngrünem Serpentin in Pöttsching © Lukas Dostal

Prantls Steine haben mehrere Dimensionen, die man auch beim Juridicum nachvollziehen kann. Die Skulptur liegt da wie eine Steinbank. Sie ist von ihrer Höhe an den Dimensionen des menschlichen Körpers ausgerichtet. Vor ihr stehend, erinnert sie an einen riesigen Tisch, eine lange Tafel, vielleicht aber auch an einen Altar oder Opferstein. Das ist kein Zufall. Prantl hat tatsächlich Altare, Taufsteine, Kreuzwege und Pfarrkirchen gestaltet, und auch den Grabstein für Bruno Kreisky auf dem Zentralfriedhof Wien geschaffen (Werkkatalog 387). Eine andere Skulptur heißt „Abessinischer Rosenkranz“ (Werkkatalog 421).

In seinem Werk war das Sakrale, das Religiöse sehr präsent. Interessanterweise war diese Religiosität weit über das Christentum hinaus geöffnet. Ein roter Faden in Prantls Werk ist das Überkonfessionelle und Universelle der Spiritualität. Sie löste ihn zunehmend von der christlich-katholischen Prägung. Ihn faszinierte die östliche Meditation, 1969 war Prantl in Japan, 1980 bereiste er Indien. Hier fand Prantl nicht nur Offenheit dem Transzendenten gegenüber, sondern wurde zum Minimalismus und zur Einbeziehung der Natur ermutigt. Das Religiös-Spirituelle überblendete sich so mit einer Naturphilosophie und blieb in dieser Überblendung untrennbar.

Prantl hat in seinem Leben unzählige „Steine zur Meditation“ gestaltet. Wie auch sonst bei seinen Werken, sind manche von ihnen klein, andere groß. Sie haben verschiedene Formen und Dimensionen. Aber kaum etwas davon liegt in Vitrinen oder hinter Glas. Die Steine sind für die Öffentlichkeit und in der Öffentlichkeit: „Steine sollen einem begegnen im persönlichen Leben“, bekundete Prantl 1999 in einem Gespräch.

Beschädigung der kettenförmigen Kugelverzierung an Prantls „Stein für die Juristische Fakultät“ © Miloš Vec

Somit könnte man folgern, wären auch die Mittagspausen am Stein beim Juridicum in seinem Sinne. Es gibt Berührungsmöglichkeiten, und auch die Form der Steine signalisiert diese haptische Einladung: Prantls Steine bieten neben optischen auch taktile Reize. Dennoch bleibt es eine offene Einladung, zu deren Annahme eine bewusste Willensentschließung gehört. Prantl hat einmal gesagt: „Wenn Sie sich einen Stein, einen groben, gewachsenen, gefundenen Stein näher betrachten, das ist ein großes sich-nähern, mit scheu, wie man sich auch einen Menschen nähert, wenn man ihn das erste Mal sieht.“
 
Günther Winkler war erbost, als er vor einigen Jahren feststellen musste, dass der Stein beschädigt worden war. Jemand hatte einige der Höcker abgeschlagen. Jetzt waren dort offene, raue, rohe Flächen entstanden, und der Rhythmus der Kette war unterbrochen. Sollte man das reparieren? Für Karl Prantl war die öffentliche Platzierung seiner Steine auch immer ein Statement, ein Test. Er hatte es darauf angelegt, sagt seine Tochter Katharina. Prantl habe wissen wollen: „Ist die Gesellschaft brutal?“ Die Vandalisierung, so die eine Ansicht, sollte daher sichtbar bleiben, der Stein nicht von einem Restaurator behandelt werden.

Die Oberfläche des Steins am Juridicum zeigt regelmäßige Kugeln, wie sie Prantl auch sonst vielfach angebracht hat. Nicht nur, weil man sie abtasten möchte, erinnern sie an die Funktion von Rosenkränzen im Christentum: Vom Muster und seiner Wiederholung geht etwas Beruhigendes aus. Aber auch Zahlenmystik war in Prantls Ornamenten verborgen. Wie viele Kugeln hat eigentlich den Juridicum-Stein, fragt Katharina Prantl?

Steine waren Prantl auch Markierungen im Raum. Prantl war kein unpolitischer Künstler. Nach der Niederschlagung des Ungarn-Aufstands 1956 durch sowjetische Truppen gestaltete er 1958 für den Grenzübergang Nickelsdorf-Hegyeshalom einen Grenzstein.

Karl Prantls „Nickelsdorfer Grenzstein“ von 1958 mit symbolischen Öffnungen und Durchblicken als Friedenszeichen © Lukas Dostal

Er wollte, erzählt Katharina Prantl, auf Waffen mit Kunst reagieren. Die Skulptur sollte ein Symbol sein für die ersehnte „Wiederherstellung des friedlichen Zusammenlebens der benachbarten Länder“. Der Burgenländer Prantl hatte die Absicht, so schreibt es der Maler, Grafiker, Fotograf, Autor und Kunstkritiker Kristian Sotriffer, „die Grenze zu entgrenzen“. Denn in Nickelsdorf hatten sich viele Geflüchtete auf ihrer Durchreise versammelt, und der Ort wurde während des Ungarn-Aufstands von 1956 Zentrum für Hilfs- und Fluchtaktionen. Nach dem Bau der Berliner Mauer protestierte Prantl auch hier gegen die Teilung. Gerade als er im Sommer 1961 auf einem Bildhauersymposion in Deutschland war, überraschte die Teilnehmer die Nachricht vom Mauerbau.

Prantl reiste spontan mit drei Berliner Kollegen in deren Heimatstadt und wollte eigentlich nicht lange bleiben – es wurde schließlich ein Jahr Aufenthalt, bevor es ihn weiter in die Wüste Negev nach Israel zog. Er schuf seinerzeit zwei große Skulpturen, die auch noch heute in Berlin auf dem Platz der Republik stehen: „Drei Anrufungen“ und „Meditationsstein“. Sie waren ein Protest gegen den Mauerbau: „Wir haben gedacht: Unsere Steine haben die Kraft wie die Posaunen von Jericho, die bringen diese Mauer zum Einsturz. Es hat länger gedauert, 30 Jahre.“

In der Stadt der Reichsparteitage und der NS-Rassengesetze entwarf Prantl 1991 mit 14 Granitplatten einen „Nürnberger Kreuzweg“, um den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken, wobei er eine Brücke zu ihrer Zwangsarbeit in Steinbrüchen schlagen wollte. Sie wurde später teilweise als ahistorisch kritisiert, da Zeithistoriker herausfanden, dass die Nürnberger „Große Straße“ des Reichsparteitagsgeländes ohne den Einsatz von NS-Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen gebaut worden war. Gleichwohl: Historische Aufklärung und Erinnerung an Unrecht war Prantl wichtig. Sein Freund Eugen Gomringer (*1925), bolivianisch-schweizerischer Literat und mittlerweile 99 Jahre alt, schreibt im Juli 1980 in Form eines Tagebucheintrags einen Essay aus der Bretagne. Gomringer denkt dort über die Steine, die Natur und Prantls Kunst nach. Der Text endet mit den eindrücklichen Worten: „Seltsamer Kontrast: Steinernes als Beitrag zur Transparenz!“

Du fändest Ruhe dort: Meditative Muster durch Wiederholung des Ornaments © Miloš Vec

Der Stein am Juridicum lässt eine politische Aussage nicht erkennen. Er ist aber eine Markierung im Raum, denn er begleitet die Fußgänger auf ihrem Weg entlang der Helferstorferstraße. Der Schweizer reformierte Theologe und Professor an der Universität Wien Kurt Lüthi fand 1979 „Schreit-Erlebnisse der Begehbarkeit“, die Prantls Skulpturen verschafften, und der deutsche Kunsthistoriker Peter Weiermair notierte 1981 gleichfalls: Prantl „ermöglicht Schreiterfahrungen“. Sie beziehen den Körper mit ein und erinnern insofern sowohl an japanische Gartenwegführungen als auch an die Kreuzwege des christlichen Europa. Die drei horizontalen Kugel- oder Noppenbänder steigen gemeinsam mit dem Weg in Richtung Schottengasse auf. Wohin führt dieser Weg, und ist die Juridicum-Skulptur überhaupt die Markierung eines konkreten Wegs? Prantl hat einen ähnlichen, gleichfalls liegenden Stein dieser Größe 1968 bei einem Bildhauersymposium in Proctor/Vermont bearbeitet und als „Sculptures on the Highway“ betitelt (Werkkatalog 102). Der schöne Stein aus Vermont Marmor – weiß mit hellgrünen Schichten – war eigentlich für ein Memorial in Washington vorgesehen. Auch dieser Marmor zeigt mehrere horizontale Bänder von Noppen. Heute liegt er zwischen New York und Montréal, auf dem Rastplatz Springfield/Vermont an der Interstate 89, Katharina Prantl war neulich dort gewesen.

Der Juridicum-Stein gehört seiner Dimension nach zu den größten Werken von Prantl. Nach einer privaten Zählung seiner Witwe, der Malerin Uta Peyrer-Prantl (*1939), hat Karl Prantl in seinem Leben mutmaßlich mehr als 1.000 Kunstwerke geschaffen. Manche von ihnen erreichen das Gewicht von 13.000 kg. Im Werkkatalog finden sich Skulpturen von 7 m Länge, der Stein am Juridicum ist dort sogar mit 9 m Länge angegeben. Haben wir gar Prantls größtes Kunstwerk? Vielleicht ganz angemessen für eine Glasfassade dieser Höhe und ein Haus von dieser Größe. In einem Essay von 2014 schreibt Manfred Bauschulte, dem Betrachter zeige sich „nach Überwindung einiger Widerstände, dass der grauweiße Marmor den imposanten Glasbau des Juridicums der Wiener Universität auf eine besondere Weise begleitet, flankiert und begrenzt. Der Wellenbrecher ist Teil des öffentlichen Bereichs, der das Erdgeschoss des Gebäudes mit dem umliegenden Stadt- und Straßenraum vereint. In seinem Spiegelglas gewinnt er Leuchtkraft und überstrahlt noch die parkenden Autos.“

Es bleibt eine Herausforderung, den Bezug des Steins zum Haus herzustellen. Diese Herausforderung ist vielleicht die Leistung des Steins. Während hinter den Glasfassaden die ArbeiterInnen der Rechtswissenschaft rational über das Recht nachzudenken haben (es aber nicht immer tun), liegt vor dem Haus ein monumentaler Block, der angefasst, befühlt, aber nicht alleine mit dem Verstand begriffen werden kann.

Miloš Vec

Zum Werk Karl Prantls gibt es eine Reihe von Büchern und Ausstellungskatalogen mit schönen Essais, insbesondere:

Ludmila Vachtová, Karl Prantl, Steine 1964–1976, Erker-Galerie, St. Gallen 1976.
Karl Prantl – Plastiken 1950-1981. Frankfurter Kunstverein, Steinernes Haus am Römerberg, Frankfurt am Main, 30.10. - 12.12.1981.

Manfred Bauschulte, Versuch über die Festigkeit. Die Steinkunst von Karl Prantl. Mit 16 Farb- und zahlreichen SW-Abbildungen, Klever Verlag: Wien 2014.

2008 entstand an der LMU München bei Professor Hubertus Kohle eine kunsthistorische Dissertation: Alexander Winter, Der Steinbildhauer Karl Prantl: Werkkatalog 1950-2000, München 2008. Sie enthält neben einer kurzen äußeren Biografie (6-9) und Ausführungen über Prantls Kunst und seine Prägungen auch ein umfangreiches Werkverzeichnis (S.82-265).